Mit Zittern und Staunen

Architekturgalerie am Weißenhof


Der Denker, Men’s New In, 2019
Schwerlastsack, Polypropylen-Gewebe
Aus dem Archiv zivilisatorischer Artefakte (2000-2022)
Fundort: Küste der Insel Mallorca, Spanien

Der Sack, gewebt aus toxischen Kunstfasern, wirkt wie ein mittelalterlicher Bekleidungslumpen dessen Verschleißerscheinungen, künstliche Löcher und Materialien bis heute im Modedesign eine Rolle spielen. Über den Titel der Arbeit wird augenzwinkernd auf August Rodin‘s Skulptur ‚Der Denker‘ angespielt. Diese stellt einen Menschen dar, der in Anspannung und Verinnerlichung über das Tun und das Schicksal der Menschen grübelt.

 

Naturlandschaft, 2018
Polymerfolie mit Algen- und Sandablagerungen
Aus dem Archiv zivilisatorischer Artefakte (2000-2022)
Fundort: Rømø, Dänemark

Die Natur (Kräfte von Wasser, Salzen und Algen) erschaffen ein Bild, das Ähnlichkeiten zu alten,
traditionell asiatischen Landschaftsdarstellungen aufzuweisen scheint. Die Arbeit betont das Naturschöne
und seine Ähnlichkeit zur menschlichen Schöpfung.

 

Po der Venus, 2000
Marmor auf Plexiglas
Aus dem Archiv zivilisatorischer Artefakte (2000-2022)
Fundort: Lofoten, Norwegen

Dieser zufällig entdeckte Stein erinnert irritierend deutlich an ein klassisch (griechisch/römisches) Skulpturenfragment.
„Die Erde lässt sich, wenn wir es wollen, im 22. Jahrhundert in ein dauerhaftes Paradies verwandeln, oder zumindest in einen vielversprechenden Anfang davon.“
(E. O. Wilson, Die soziale Eroberung der Erde, 2012)

 

 

 

Urbane Landschaften, 2022
Perspektiven aus der Studie ‚Hypercity‘
Leinwanddruck

Die Visualisierungen entstammen einem visionären Konzept für Urbanisierungskorridore innerhalb von Naturräumen.
Eine menschliche Siedlungsform verbindet sich mit ihrer Umwelt zu einer sozialen, funktionalen und formalen Einheit.
Vorhandene Ressourcen werden effizient für neue Lebensräume genutzt, und der Mensch zwischen Pflanzen
und Tieren fest in stabile Ökosysteme eingebunden.
„Verletzlichkeit – Die Eigene und die der Anderen – als Ausgangspunkt einer neuen Ethik des planetarischen
Zusammenlebens.“ (Georg Diez zu Corine Pelluchon, Berliner Zeitung, 15.01.2022)



Hybrid, 2021
Collage aus der Serie: Nymphea, 2122
Digitaldruck auf Büttenpapier

Das Blatt verbindet sich mit seinem vom Menschen hergestellten Äquivalent Verpackungspapier) zu einer Einheit. Eine neue Pflanze-Menschbeziehung
wird zum Ausdruck des aufeinander bezogenen Handelns. Eine Meditation über die Bedeutung des Pflanzlichen für unser Leben (Atmung, Nahrung
für Körper und Sinne), unsere Denkweise und unsere Beziehungen zu menschlichen und nichtmenschlichen Wesen.
„Der Mensch ist eine biologische Art in einer biologischen Welt. Obwohl wir in vielerlei Hinsicht herausragen, sind und bleiben wir eine Tierart
der globalen Fauna“ (E. O. Wilson, Die soziale Eroberung der Erde, Eine biologische Geschichte des Menschen, 2012)



 

 

 


Dauer: Februar – April 2022

Ort: Architekturgalerie am Weißenhof, Stuttgart

Projekte: Neue Urbane Strukturen, Naturlandschaft, Biotop des Antropozän, Men’s New Inn

 

Die Ausstellung stellt die gewohnte Trennung zwischen Kultur und Natur, Mensch und Umwelt auf den Prüfstand. Die Welt am Beginn des 21. Jahrhunderts zeigt, dass die Erde und die Lebensbedingungen auf ihr soweit direkt und indirekt durch den Menschen beeinflusst sind, dass sie nicht mehr reversibel sind: die Welt ist ein Artefakt und wir sind Teil dieser Welt. Das macht ein Außen als ein vom Menschen unabhängiges Konstrukt fragwürdiger denn je. Der schmale Grat zwischen Demut und Selbstbewusstsein, Ohnmacht und Verantwortung ist Thema dieser Ausstellung.
Christian Holl, Kurator